The 2022 Athens Half Marathon – Frühjahrshalbmarathon unter winterlichen Bedingungen (21,1 km/HM)

Das hatte ich mir nun wahrlich ganz anders vorgestellt. Meine Idee war, dass ich mich unter die Akropolis setze und bei herrlichem Sonnenschein einen schönen Roten genieße und die Stadt auf mich wirken lasse. Herrlicher Sonnenschein war tatsächlich da, aber bitterkalte Temperaturen und vor allem ein eisiger Wind. So habe ich mich zwar der Akropolis genähert – ist ja quasi Pflichtprogramm eines jeden Athenbesuchers – aber den Roten habe ich mir geklemmt.

Freitagnachmittag war ich vor Ort und schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug überfiel mich der kalte Schauer. Noch in der Tür des Fliegers stehend, konnte ich die weißen, schneebepuderten Berge des Athener Umlandes bestaunen.

Mit dem Bus ging es zuerst einmal ins Hotel. Hier richtete ich mich ein und wollte dann noch die verbleibende Zeit nutzen, um meine Startunterlagen abzuholen. Mein Weg führte mich dazu rund eineinhalb Kilometer durch die zweiten Reihen prächtiger Einkaufsstraßen bis zum Technopolis, einem Veranstaltungsgelände und Museum der Stadt Athen.

Die zweiten Reihen, also die Straßen, die der Normaltourist eher selten zu Gesicht bekommt, zeigen einem, dass nicht alles prächtig ist in Athen. Zum Himmel schreiende Armut, auf der Straße lebende Menschen, die sich aus Styropor- und Papierkisten einen Verschlag gebaut haben, heruntergekommene Häuser, dazwischen immer wieder sanierter Altbau, der eine Modeboutique oder ein anderes avantgardistisches Geschäft beherbergt. Wenn man Glück hat, muss man sich nicht anschauen, wie auf offener Straße gefixt wird. Nicht schön, aber scheinbar auch Realität in einer sonst so historisch mondänen Stadt.

Im Technopolis fand eine kleine Sport Expo statt, wo sich die einzelnen Hersteller von Schuhen und Laufbekleidung ein Stelldichein gaben. Hätte ich gewusst, dass es noch kälter werden würde, hätte ich mir gleich hier ein Longsleeve gekauft. Aber so holte ich nur meine Unterlagen ab und wanderte dann durch die spärlich beleuchteten Nebenstraßen zurück zu meinem Hotel.

Am nächsten Morgen stand dann Stadtbesichtigung auf dem Programm. Nach einem ausreichenden Frühstück ging es los. Keine 50 Meter weit gelaufen und mich erwischte an einer Kreuzung der eisige Wind, der scheinbar seine Grünphase ausnutzte und durch die Straße wehte. Jetzt war mir klar – in T-Shirt und kurzer Hose wird hier am Sonntag gar nichts laufen. Ich besuchte diverse Sportfachgeschäfte, aber hier war man schon auf Sommer eingerichtet. Letzte Chance, ein schwedischer Billiganbieter. Ich beschloss, das günstigste langärmelige T-Shirt zu kaufen und dieses dann gegebenenfalls während des Laufs auszuziehen und einem der vielen Obdachlosen zu überlassen.

Nun folgte die Stadtbesichtigung, die gegen Nachmittag dann doch noch ein wenig Wärme mit sich brachte. Der Wind hörte auf und die Sonne schien in voller Stärke. Dann stand noch Einkaufen auf dem Programm und das Vorbereiten für den Lauf am nächsten Morgen.

6:30 Uhr – der Wecker klingelte. Wie immer war ich viel zu früh fertig, aber ich wollte auf die Piste. Frühstück gab es so früh noch nicht im Hotel, also musste eine Banane und ein Müsliriegel herhalten. Dann schnappte ich mir meinen Rucksack und machte mich auf Richtung Syntagma-Platz und dem Parlament. Hier startete der Athen Halbmarathon um 8:30 Uhr.

Die umliegenden Berge waren wieder weiß und weitestgehend hinter Wolken versteckt. Der Wind war wie gewohnt eisig und stellenweise kam leichter Schnee herunter. Ich zog alles an was ich hatte, brachte meinen Rucksack zur Aufbewahrung und begann das Aufwärmen. In diesem Moment war mir ziemlich klar – nächste Woche hast Du eine gute Erklärung für Deine Erkältung parat.

Um Punkt 8:30 Uhr fiel der Startschuss recht unspektakulär. Kein Countdown, keine sportliche Musik, die noch mal alle anheizt. Offensichtlich wollten alle nur recht schnell auf die Piste und warm werden.

Vom Syntagma-Platz ging es zuerst einmal über die Panepistimiou-Straße, entlang der Griechischen Nationalbibliothek, dem Goethe-Institut und der Athener Akademie, für gut einen Kilometer bergab in Richtung meines Hotels. Dann folgten zwei Linkskurven und in der Parallelstraße ging alles, was wir runter gelaufen waren, nun wieder bergauf bis zum Syntagma-Platz, den wir unterhalb des Parlaments streiften.

Wir folgten der Straße weiter, die uns zum Hadrianstor, einem bogenförmigen Marmortor mit korinthischen Säulen führte. Hinter dem Tor erstreckte sich ein großer Park, mit dem alten Tempel Olympieion, den wir nun umrunden sollten. Dann ging es über die Ardittou-Straße für rund drei Kilometer stetig langsam bergan bis in die Athener Neustadt. Die Straßen waren hier sehr breit und wir waren dem Wind schutzlos ausgesetzt. Zu allem Überfluss sollte es nun auch noch anfangen zu schneien. Dieses Intermezzo dauerte aber nur ein paar Minuten. Bei Kilometer 7 mussten wir dann nach links in die Alexandras-Straße abbiegen, der wir für weitere knapp drei Kilometer folgten.

Dann mussten wir nach rechtsabbiegen und nach bereits einem Kilometer kam ein Wendepunkt und es ging über die gleiche Straße nur auf der anderen Seite wieder zurück. Wir befanden uns auf der Straße des 28. Oktober. Das Datum markiert den Nationalfeiertag Griechenlands. Um der Straße die notwendige Bedeutung zu geben, hatten wir von dieser einen schönen Blick auf die in der Ferne liegende Akropolis.

Nach rund 12 Kilometern Wegstrecke kamen wir am Kreisverkehr, am Omonia-Platz, heraus und von nun an ging es die bisher gelaufenen Straßen wieder zurück. Insofern umrundeten wir nun die Stadtteile der Neustadt. Ab Kilometer 13 stand dann die Bergwertung auf dem Programm, was nicht heißen soll, dass es ansonsten flach war. Aber hier, auf dem Abschnitt der Alexandras-Straße, ging es nun wirklich gut zur Sache. Das, was wir vorhin noch geschmeidig bergab trabten, mussten wir nun über fast drei Kilometer wieder bergauf laufen. Und begann die Steigung erst recht moderat, nahm Sie über die gelaufenen Meter kontinuierlich zu. In meinem Auswertungsprogramm Runalyze wird dies sehr gut dargestellt.

Ab Kilometer 16 war die Messe dann gesungen. Von nun an wusste ich, es geht nur noch bergab und Richtung Ziel am Syntagma-Platz. Die Sonne hatte sich auch dauerhaft erbarmt, uns zu bestrahlen. Die Straße war nass und glänzte. Dies bedeutete während des gesamten Laufes aufzupassen. Offensichtlich regnet es in Athen nicht so oft. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass der verwendete Asphalt für meine Verhältnisse mit Wasser spiegelglatt war. Irgendwie hatte ich die ganze Zeit keinen richtigen Gripp. Dass es durchaus nicht nur mir so ging, zeigten mir die teilweise lädierten Knie einzelner mir entgegenkommender Läufer. Ich hatte jedoch Glück und blieb von Rutschern verschont.

Eine Zeit unter 1:50 Stunden war nicht mehr zu realisieren, aber das, was am Ende rauskommen könnte, klang auch gut. Kurz vor Erreichen des Syntagma-Platzes sagte mir meine Uhr, dass die Tour noch nicht zu Ende sein konnte, da erst 19 Kilometer gerannt waren. Und tatsächlich bogen wir in die Panepistimiou-Straße ein, die wir direkt nach dem Start bergab gelaufen waren. Nun folgten die letzten zwei Kilometer analog dem Verlauf kurz nach dem Start. Dann endlich, nach einer letzten Bergwertung, lag das Ziel direkt vor mir und mit 1:52:18 Stunden konnte ich diesen Halbmarathon erfolgreich abschließen.

Mit meiner Zeit erreichte ich unter den 3.659 Teilnehmenden Gesamtplatz 1.138. In der Altersklasse schaffte ich es auf Platz 211 (578) und in der Geschlechterwertung auf Platz 1.027 (2.930).

Nach dem Lauf gab es zuerst einmal eine schöne knisternde, goldene Rettungsdecke und so liefen hunderte von Finishern wie kleine Satelliten über die Straße. Ein durchaus lustiges Bild. Ich besorgte mir noch ein paar Getränke und ging dann schnell zur Aufbewahrung, um meine Jacke zu bekommen. Da es dermaßen kalt war, war der nächste Gang der zum Hotel und unter die warme Dusche.

Der Athen Halbmarathon bietet eine Strecke ganz nach meinem Geschmack. Nicht zu viele Kurven, sondern viele Geradeausstrecken mit reichlich Platz zum Laufen. Auch die Höhenmeter, die man läuft – insgesamt immerhin 244 – sind gut über die Gesamtstrecke verteilt.

Ich habe mir mal meine durchschnittliche Pace von 5:19 min/km auf eine steigungsangepasste Geschwindigkeit umgerechnet. Hier lag ich immerhin bei einer durchschnittlichen Pace von 5:06 min/km. Das auf Steigung angepasste Tempo berücksichtigt den Anstieg während der Läufe und berechnet ein vergleichbares Tempo auf flachen Strecken. Da das Laufen bergauf einen größeren Einsatz erfordert, ist das auf Steigung angepasste Tempo bergauf schneller als das tatsächliche Tempo und umgekehrt. Mit 5:06 min/km hätte ich demnach eine Zeit von 1:47:36 Stunden auf flachem Kurs erlaufen. Nicht schlecht.

Laufen in Athen ist der Klassiker schlechthin. Und wenn es irgendwann mal der Marathon sein sollte, dann wird dieser sicher für mich hier auf der Originalstrecke stattfinden. Ein kleines Teilstück, nämlich die Ardittou-Straße, hinaus in die Athener Neustadt und zurück, bin ich ja nun schon einmal gelaufen.

Wer mehr Informationen zu diesem Lauf sucht, der findet diese auf der Website der Hellenic Athletics Federation bzw. des Athens Half Marathon. Nun heißt es die Erkältung gut und schnell überstehen und dann direkt wieder mit dem Laufen starten. Anfang April geht es dann zum Grand Union Canal Half Marathon Spring Edition in Uxbridge bei London. Mein erster Besuch in der zweiten Heimat seit nunmehr drei Jahren.

Kommt gut in die Saison und allzeit gute Läufe!

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