Durch Zufall saß ich eines regnerischen Sonntagnachmittags vor meinem Rechner und fand erneut den Weg auf die Seite des AIMS Laufkalenders. In der Erwartung, so früh im Jahr nichts laufbares zu finden, was irgendwie an einem Wochenende erreichbar wäre, fand ich dann doch einen Lauf, der vielversprechend Klang – Meia Maratona do Funchal.
Die klassischen nächsten Schritte standen nun an. Erstens – gibt es einen bezahlbaren Flug – ja. Dann die Hotelsuche – auch möglich, sogar überraschend günstig. Dann die eigentliche Anmeldung und der pre-check, ob es derzeit Hinweise dafür gibt, dass der Lauf vielleicht nicht stattfinden könne. Alles wurde positiv beschieden und ich buchte.
Zwei Tage nach meiner Flugbuchung wurde dann mein Flug von Düsseldorf nach Lissabon storniert. Zum Glück gab es eine Alternative über Las Palmas/Gran Canaria und dann mit einem Propellerflieger rüber nach Madeira.
Donnerstagnachmittag kam ich an. Schön warm, ein wenig diesig, aber trocken. Ich fuhr mit dem Flughafenshuttle nach Funchal, bezog mein Zimmer im Hotel und suchte erst einmal einen Supermarkt. Diesen gab es nicht, wohl aber kleine „Tante-Emma-Läden“, in denen man auch alles bekommt.
Am nächsten Tag stand zuerst einmal die Abholung der Startunterlagen auf dem Programm. Ich lief also in die Innenstadt und fand recht schnell das Büro der Madeira Athletics Association. Hier traf ich Paolo, der mir meine Unterlagen aushändigte, mein T-Shirt übergab und mich im Anschluss zuerst einmal mitsamt seiner Frau auf einen Espresso in ein kleines Kaffee um die Ecke entführte. Ein schöner Einstieg.
Dann stand Stadtbesichtigung auf dem Programm. Und Funchal hat eine Menge zu bieten. Man muss nur gut zu Fuß sein. In Luftlinien darf man nicht rechnen. Das Haus mag 100 Meter entfernt sein, der Weg dorthin kann aber auch mal 2 Kilometer lang sein, wenn es nicht gerade Verbindungstreppen gibt. Madeira ist eine Vulkaninsel. Berge noch und nöcher. Überall Schluchten, Steigungen, Brücken und Serpentinen.
Am Nachmittag machte ich auf einer „Einlaufrunde“ Bekanntschaft mit dem Höhenprofil der Insel. Zuerst ging es recht eben an der Uferpromenade entlang, dann, hinter der Altstadt, stand die Bergwertung auf dem Programm. Ich wurde aber mit fantastischen Ausblicken auf das Meer und grüner urwaldähnliche Täler belohnt.
Samstagabend hatte ich jeden Winkel von Funchal erkundet und ich bereitete mich auf den Lauf am nächsten Morgen vor. Der Verlauf der Route erforderte schon ein wenig Konzentration. 7 Wendepunkte und eine nicht unbedingt auf den ersten Blick selbsterklärende Streckenführung forderte noch einmal die grauen Zellen heraus. Aber im Zweifel einfach der Herde hinterher. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich ganz vorne laufen würde, konnte ich sehr sicher mit 0 einschätzen.
Der Lauf
Sonntagmorgen, 9 Uhr, Largo da Paz. Keine 300 Meter von meinem Hotel entfernt war der Startpunkt. Der Marathon war schon 8:30 Uhr gestartet. Dann folgte um 9:30 Uhr der Mini Marathon über eine Strecke von 8 Kilometern und wir waren dann um 10 Uhr an der Reihe. Wetterbedingungen top. Es schien die Sonne, eine kühle Brise wehte vom Meer her. Top Bedingungen.
Ziemlich unvermittelt knallte um 10 Uhr der Startschuss. Wir setzten uns auf der Estrada Monumental in Bewegung, die uns nun in südwestlicher Richtung, immer der Küstenstraße folgend, durch die Außenbereiche von Funchal führen sollte. Schnell war zu erahnen, der Kurs wird kein flacher werden. Permanentes hoch und runter stand auf dem Programm. Nach 3 Kilometern erreichten wir den Kreisverkehr Monumento ao Trabalbador, der den ersten Wendepunkt darstellte.
Nun ging es die ganze Strecke wieder zurück, vorbei am weltberühmten Reids Hotel, hoch über dem Atlantik gelegen, in dem schon Kaiserin Sisi wohnte, und weiter der Estrada Monumental folgend. Wir passierten den Startpunkt und liefen weiter bergab über die Avenida do Infante. In Höhe des Casinos von Funchal befand sich der zweite Wendepunkt, den wir nach insgesamt knapp 7 Kilometern Wegstrecke erreichten.
Nun ging es wieder zurück und bergauf bis zum Startpunkt, dann erneut die vorher gelaufene Strecke entlang und wieder zurück. Dies waren weitere 7 Kilometer. Auf dem Rückweg fing mein Oberschenkel unter der Haut an zu „brennen“. Das habe ich gelegentlich, komischer Weise nur im Winter. Das Hotel Savoy, dass direkt an der Strecke lag, bot einen schönen Außenbrunnen. Hier nutzte ich das Wasser, machte mein Stirnband nass und stopfte mir dieses unter die Lauf-Tights auf den Oberschenkel. Unmittelbar gekühlt war wieder alles in Ordnung und ich konnte problemlos weiterlaufen.
Nach insgesamt 14 Kilometern erreichte ich das Casino und setzte meinen Lauf weiter Richtung Funchals Uferpromenade fort.
Es über die Avenida de Arriaga. Die Avenida Arriaga ist die altstädtische Flaniermeile Funchals, an der es die ein oder andere Sehenswürdigkeit entdecken gibt. Der ca. 400 Meter lange Boulevard beginnt an der Avenida do Infante und endet an der Kathedrale von Funchal. Wir passierten den Stadtpark Jardim Municipal, das Theater Baltazar Dias und die Statue von João Gonçalves Zarco. Entlang der Kathedrale ging es weiter bis zur Ribeira de Santa Lucia, die wir kreuzten. Dann folgte eine etwas modernere Einkaufsstraße, wie man sie vielleicht auch in Essen kennen würde. Wir erreichten nach etwa 15,5 Kilometern die Mercado dos Lavradores, eine Markthalle, die bei einer Stadtbesichtigung nicht fehlen darf.
Nun ging es hinab an die Küste und für rund 2 Kilometer entlang der Küstenpromenade Avenida do Mar. Hier passierten wir erneut viele Sehenswürdigkeiten, wie das Forte de São Lourenço, das Museum und Hotel von CR7, besser bekannt als Cristiano Ronaldo, diverse Parks und den Yachthafen. Dahinter lagen an diesem Morgen zwei Hochhäuser auf Wasser. Gewaltige Kreuzfahrtschiffe, die Mein Schiff 3 und die Azamara Journey, gaben dem Hafenanblick den letzten Feinschliff.
Es folgte Wendepunkt 4, dann ging es den ganzen Weg wieder zurück bis in die Altstadt. Hier folgten die Wendepunkte 5 und 6 und es ging erneut die Küstenpromenade entlang. Immer wieder sahen wir schon das Ziel, an dem wir nun mehrfach vorbeigelaufen waren. Wendepunkt 7, in Höhe des Museums und Hotels von CR7, war dann der Abschluss. Nun ging es in flotten Schritten ein letztes Mal über die Uferpromenade die letzten eineinhalb Kilometer ins Ziel, wo ich nach 1:56:18 Stunden ankam.
Mit meiner Zeit war ich sehr zufrieden und hatte diese ehrlich gesagt so nicht erwartet. In der Rückschau betrachtet, war das Läuferfeld extrem schnell. Mehr als ein Drittel der Läuferinnen und Läufer schlossen besser als 1:40:30 Stunden, meiner Bestzeit, ab. Ich erreichte mit meiner Zeit unter den gerade einmal 364 beim Halbmarathon gestarteten Läufern Gesamtplatz 227. In der Altersklasse reichte es für Platz 36 (47) und in der Wertung der Männer für Platz 193 (271).
Beeindruckend fand ich die Internationalität dieses doch kleinen Rennens, weit draußen im Atlantik. Teilnehmer aus 30 Ländern waren gemeldet, davon allein 27 aus Deutschland und 20 Briten. Das größte Teilnehmerfeld, zwei Drittel, wurde durch die Einheimischen gestellt.
Mit meiner Pace von 5:31 min/km, also der durchschnittlichen Zeit je Kilometer, war ich auch zufrieden, zumal es eben kein flacher Kurs war. Die regelmäßigen Steigungen forderten Zeit und wenn es bergab ging, habe ich bewusst auch nicht Vollgas gegeben. Das bringt einen aus dem Rhythmus und im Endeffekt ist man dann eh nur langsamer.
Nach dem Rennen gab es eine „Medaille“, die überraschend nicht aus Metall, sondern aus Holz war. Ich bunkerte noch ein wenig Wasser und musste mich nun schnell auf den Weg Richtung Flughafen machen. Neue Hiobsbotschaft, mein Flug war um 2 Stunden vorverlegt worden. In diesen Zeiten muss man flexibel sein.
Der Flughafenbus wurde leider nirgends gesehen. Fahrplan hin oder her, also nahm ich mir mit einem Berliner ein Taxi zum Flughafen. Hier nutzte ich die örtlichen Waschgelegenheiten und ich war für die Zivilisation wieder vorzeigbar. 3 Stunden nach dem Lauf saß ich in Reihe 3 des Fliegers und konnte mir Madeira noch einmal von oben anschauen.
Der Meia Maratona do Funchal ist ein schöner Start in die Laufsaison. Halbwegs fit sollte man zu diesem Zeitpunkt aber schon sein, da das Streckenprofil nicht nur durch die Steigungen, sondern auch durch den teils wechselnden Untergrund, insbesondere in der Alt- und Innenstadt von Funchal, Konzentration erfordert. Die Laufreise sollte man unbedingt mit ein oder zwei zusätzlichen Tagen für Sightseeing verbinden. Funchal und der Hausberg Monte haben so einiges zu bieten.
Informationen zu diesem Lauf gibt es auf der Seite der Madeira Athletics Association oder auf der korrespondierenden Facebook-Seite.
Allzeit gute Läufe und einen guten Start in die Saison!