6. Napoli City Halbmarathon – Bella Napoli zeigt die kalte Schulter im Kampf gegen Eiseskälte und Sturm (21,1, km/HM)

Nach meinen zwei Zehbrüchen über die Weihnachtstage musste ich den Marrakesch Halbmarathon im Januar leider absagen und die Laufsaison 2019 verspätet starten. Als Ersatz hatte ich mir nun den 6. Napoli City Half Marathon rausgesucht. In der Hoffnung, im südlichen Italien frühlingshafte Temperaturen vorzufinden, machte ich mich als am vergangenen Freitag auf die Reise in die 1 Million Einwohner zählende Hauptstadt der Region Kampanien am Fuße des Vesuvs.

Die Ankündigung des Veranstalters machte tatsächlich Hoffnung auf einen schönen Start in die Laufsaison. Der Napoli City Half Marathon wurde damit beworben, dass der Lauf unter optimalen Bedingungen, mit einer Durchschnittstemperatur von 10 Grad stattfinden würde.  Da sich der Durchschnitt offensichtlich auch aus 5 und 15 Grad ergeben kann, hatte ich dieses Wochenende offensichtlich den Tiefstpunkt gebucht.

Eiskalte Temperaturen und heftiger Sturm, der die eigentliche Temperatur noch mal um rund 10 Grad kälter anfühlen ließ, begrüßten mich in Neapel. Die Sonne gab alles und windgeschützt war es in der Tat traumhaft.

 

 

 

 

Mit dem Taxi ging es vom Flughafen in die Innenstadt zur gebuchten Pension, dem Palazzo Solimena. Die Fahrt war ein echtes Abenteuer. Wenn es eine Stadt geben würde, in der ich definitiv nicht Autofahren würde, dann wäre es Neapel. Dagegen war Tunis harmlos.

Der Samstag wurde für eine ausführliche Stadtbesichtigung und das Abholen der Startunterlagen genutzt. Mit der Bahn ging es zu Neapels Messegelände Mostra d‘ Oltremare. Hier fand eine Sport-Expo statt, wo sich zahlreiche Sportartikelhersteller und die diversen Veranstalter von Läufen in Italien präsentierten. Das Abholen der Startunterlagen verlief reibungslos, so dass ich schnell wieder in die Innenstadt zurückfahren und meine Besichtigungstour fortsetzen konnte.

Am Sonntagfrüh fand dann der Lauf statt, der als Lauf mit den meisten Teilnehmern in Süditalien klassifiziert war.

 

 

 

 

Am Messegelände, an der Viale J.F. Kennedy, waren die Startblöcke eingerichtet. Sehr gut organisiert, je nach geschätzter Laufdauer, waren verschiedene Zonen vorhanden. Ich hatte mich in Block D einzufinden. Mit einer Zeit von 1:50 Stunden, wäre ich sehr zufrieden und stand somit hier genau richtig. Punkt 9 Uhr erfolgte dann der Start. Das erfolgte recht unspektakulär. Kleines Peng und los ging‘s. Erst im Gehen, dann ab der Induktionsschleife im gemächlichen Lauftempo.

Ich hatte mich hinter dem Pacer, dem verrückten Giovanni, der mich auf dem Foto stark an das Cover des Buches Hummeldumm von Tommy Jaud erinnerte, mit der Zeit 1:50 Stunden eingefunden, jedoch war ich schon ein wenig schneller unterwegs, so dass ich das gute Laufgefühl nutzte, um mich erst einmal ein wenig abzusetzen.

Kurz nach dem Start konnten wir einen Blick auf das Stadio San Paolo erhaschen, in dem Diego Armando Maradonna einst in seinen besten Jahren den SSC Neapel zu Ruhm verhalf, dann eine Rechts-links-Kurve und wir erreichten den Bahnhof Campi Flegrei. Von hier aus ging es nun immer geradeaus über die Viale Giulio Cesare. Links und rechts befanden sich große Mietshäuser, so dass sich die Sicht aufs Meer erst noch einstellen sollte. Nach 500 Metern Wegstrecke, durch die Galleria Lazale, einem Straßentunnel gelaufen, kamen wir direkt am Meer wieder heraus und wurden erstmals mit einem tollen Blick auf das Wasser belohnt. Gleichzeitig bekamen wir aber nun, da nicht mehr windgeschützt, die volle Wucht des Sturms ab. Man kann halt nicht alles haben.

Neapel_Strecke

Für die nächsten zweieinhalb Kilometer ging es nun immer entlang der Küste, bis wir nach rund fünfeinhalb Kilometern Laufstrecke das Castel dell‘Ovo erreichten. Das Castel liegt auf einer kleinen Halbinsel direkt vor der Laufstrecke und ist die älteste erhaltene Befestigung der Stadt Neapel. Die heutige Festung wurde in verschiedenen Phasen vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis ins 16. Jahrhundert erbaut. Das Castel war unter anderem Sitz der Königlichen Kammer und der Staatlichen Schatzkammer. Später diente es außerdem als Gefängnis.

Höhenprofil

Von hier ging es nun weiter über die Via Ammiraglio Ferdinando Acton. Nach kurzem Lauf kam die Rückseite des riesigen königlichen Palastes ins Blickfeld, dessen Vorderseite wir im weiteren Verlauf ebenfalls noch zu sehen bekommen sollten. Der Palast thronte in der Oberstadt, hoch über dem Meer und unserer Laufstrecke. Palazzo Reale abgehakt, weiter ging es mit dem Castel Nuovo, einer riesigen Trutzburg, die direkt neben dem Palast lag. Sie diente unter verschiedenen Königen meist in einer Doppelfunktion als Festung und Residenz.

Jetzt wurde es erst einmal ein wenig ruhiger, was Sehenswürdigkeiten anging. Für die nächsten rund drei Kilometer liefen wir weiter auf der Uferstraße entlang. Rechts folgte der Hafen mit den Anlegestellen für die Fähren nach Capri und Ischia sowie für die Kreuzfahrtschiffe.

Strecke Satelit Neapel.png

Ziemlich genau bei Kilometer 10 wurde die Wende eingeleitet und hier meldete sich pünktlich mein Oberschenkel zu Wort. Wie schon beim 10 Kilometer-Lauf in Hamm brannte wieder mein Oberschenkel, resultierend aus einer Muskelverhärtung. Ich hatte drauf gewartet, war aber vorbereitet. Kurze Laufpause, ein bisschen Dehnen und massieren, dann ein wenig das Tempo rausnehmen. Dann ging es ganz gut weiter. Beim nächsten Verpflegungsstand bunkerte ich ordentlich Wasser und nahm auch noch ein wenig isotonisches Getränk und eine Banane mit. Gut gestärkt konnte ich die nächsten Kilometer angehen. Der Muskel hielt still und erledigte seine Aufgaben recht ordentlich.

Bei Kilometer 12,5 bogen wir nun in das historische Zentrum Neapels ab. Unsere Route führte uns zum Kreisverkehr, der Piazza Giovanni Bovio, auch bekannt als Piazza Borsa wegen des monumentalen Gebäudes der Börse, das den Platz überragt.

Von hier ging es nach links in die Via Agostino Depretis, die uns zum Castel Nuovo, diesmal entlang der Vorderseite, führte. Dann ein kleiner Schwenk entlang der Nationalgalerie und der Galleria Umberto I., die als Einkaufsgalerie schwer an die Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand erinnerte, und wir erreichten die Piazza del Plebiscito. Die Piazza Plebiscito ist zweifellos nicht nur der berühmteste Platz in Neapel, sondern auch der größte und repräsentativste. Zwischen Fußgängerzone und Uferpromenade schlägt hier das Herz der Stadt.

 

 

 

 

Der Platz wird umgeben vom Palazzo Reale, der mächtigen Kuppelkirche Basilica Reale Pontificia San Francesco da Paola sowie dem Palazzo Salerno und dem Palazzo della Foresteria. Kurzer Fotostopp und weiter ging es Richtung Mittelmeer, welches man im Hintergrund schon sehen konnte. Bevor wir dieses aber erreichten, bogen wir kurz vorher nach rechts ab und es ging durch eine Wohnstraße bergab und zurück auf die Uferpromenade, über die wir vorher noch entlang des Golfs von Neapel gelaufen waren.

Nun lagen noch sechseinhalb Kilometer vor uns, die aber sehr angenehm zu laufen waren, da der Wind mittlerweile zum einen nachgelassen hatte und es auch nicht mehr ganz so kalt war, da die Sonne unser ständiger Begleiter war. Zwischenzeitlich konnte man auch mal die Reißverschlüsse der Klamotten öffnen und Luft ranlassen. Die Route war uns nun bekannt, da es auf der Strecke entlang der Küste und ab dem Ortsteil Mergellina bergan durch die Galleria Laziale zurück zum Stadion ging.

Bei Kilometer 20 erreichten wir die Viale J.F. Kennedy, liefen durch den Startbereich und hatten nun noch rund einen Kilometer auf dem Messegelände vor uns. Der Lauf schlängelte sich durch die Parkanlage und endete schließlich in der Mitte der Expo im Zielbereich.

 

 

Nach 1:55:25 Stunden konnte ich mein erstes Halbmarathonziel in 2019 erfolgreich verbuchen. Die Zeit reichte bei insgesamt 5.531 Finishern für Gesamtplatz 3.420. In der Altersklassenwertung erreichte ich Platz 683 (940) und in der Gender-Wertung Platz 3.005 (4.325).

Der Lauf war top und er erinnerte mich mit seiner Streckenführung doch sehr an Lissabon. Auch dort liefen wir immer am Wasser entlang und machten einen kurzen Abstecher in die Innenstadt. Eine insgesamt schnelle und exponierte Strecke, die dem Wetter leichtes Spiel bot.

Was nun nach dem Lauf folgte, war mit dem Begriff Chaos noch, sagen wir mal wohlwollend formuliert. Die rund 3.500 Finisher, die mittlerweile wieder angekommen waren, wollten nun Ihre Beutel und ihr Gepäck haben. Dazu hatte man lange Tische aufgebaut und die einzelnen Abholstände mit Nummern versehen. Als ich in die Halle kam, war diese bereits total überfüllt und es wurde heftig gepfiffen.

 

 

 

 

Offensichtlich hatte man sich nicht an sein eigenes vorgesehenes System der Nummernbereiche gehalten und die Beutel und Taschen wahllos irgendwo abgelegt. Der Unmut wuchs, da die Taschen nicht zeitnah rausgegeben werden konnten. Es entwickelte sich immer mehr Tumult und die Masse drückte Richtung Tische – nicht ungefährlich diese Situation. Schlussendlich bahnte sich die Masse seinen Weg, stieg über die Tische und jeder konnte sich seinen Beutel suchen. Die vom Veranstalter gestellten Helfer staunten nicht schlecht und standen mit großen Augen da und beobachteten hilflos wie, und das war wirklich erstaunlich, geordnet das Ganze von statten ging. Ich hatte Glück, mein Beutel lag tatsächlich im entsprechenden Nummernbereich. So kam ich immerhin mit einer Stunde Verspätung aus der Halle raus.

Nun musste ich mich sputen. Immerhin musste ich noch in die Innenstadt zurück, mich umziehen und dann gegen frühen Nachmittag zum Flughafen. Mein obligatorisches Medaillenfoto hatte ich nun leider vergessen, aber aufgrund der Kälte war mir da eh nicht nach. Klamotten anziehen und los ging‘s zum Bahnhof und zurück in die Innenstadt.

Fazit – der Lauf in Neapel ist wirklich empfehlenswert. Die Route war sehr schön und weitestgehend auch gut zu laufen. Lediglich in der Innenstadt musste man ab und zu schauen, wo man hintrat, da dort der Untergrund aus Kopfsteinpflaster bestand, welches vielfach Stolperfallen bot.

 

 

 

 

Grundsätzlich ist er auch gut organisiert, wobei es durchaus nicht unwesentlichen Optimierungsbedarf gibt. Die Taschenausgabe müsste allein schon aus Sicherheitsgründen dringend überarbeitet werden. Während des Laufs gab es alle 5 Kilometer Verpflegungsstationen, die allerdings nicht kenntlich gemacht wurden. Erst in dem Moment, wo man durch die Plastikflaschen lief, stellte man fest, ok, hier gab es jetzt wohl was zu trinken. Wenn man sich dann gerade auf der falschen Seite befand, war es schwer, an den Stand zu kommen. Bei Kilometer 5 blieb deswegen für mich die Bar auch geschlossen.

Was ich sehr positiv fand war, dass im Vorfeld zwingend eine ärztliche Bescheinigung beizubringen war, die bestätigte, dass man in der Lage ist, an einem Halbmarathon teilzunehmen. Dieses medizinische Zertifikat war im Vorfeld auf einer weiteren Partnerseite runcard.com hochzuladen und erlaubt es für das betreffende Jahr in ganz Italien bei Wettkämpfen starten zu dürfen.

Der Veranstalter hat eine sehr informative Website, die Ihr unter napolirunning.com besuchen könnt.

Allzeit gute Läufe!

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