7. BMW Helsinki Halbmarathon – In einer Runde um Helsinkis Innenstadt (21,1 km/HM)

Der Helsinki Marathon ist ein typischer City Marathon, der jedes Jahr am Ende des Sommers in der finnischen Hauptstadt stattfindet. Ich hatte mich für die Halbmarathon-Strecke entschieden, die in einer Runde um die Innenstadt Helsinkis führen sollte und häufig auch einen schönen Blick auf den Finnischen Meerbusen bot.

Donnerstagabend, sehr spät abends, eigentlich schon frühester Freitagmorgen, kam ich in meinem Hostel, dem Eurohostel, in Helsinki an. Diesmal hatte ich „nur“ ein Hostel gebucht, da die Hotelpreise in Helsinki an sich schon gepfeffert sind. So teilte ich mir ein Zimmer mit einem älteren Herren aus Taiwan, der ebenfalls den Halbmarathon laufen wollte.

Helsinki wurde 1550 vom schwedischen König Gustav Vasa unter dem Namen Helsingfors gegründet. Kurz nachdem Finnland unter russische Herrschaft gekommen war, wurde Helsingfors 1812 zur Hauptstadt des neugegründeten Großfürstentums Finnland bestimmt. Der russische Einschlag ist heute noch sichtbar. So weist Helsinki viele Ähnlichkeiten mit St. Petersburg auf, insbesondere durch die breiten Straßen, die neoklassizistischen Herrenhäuser und nicht zuletzt durch die Uspenski-Kathedrale.

Der offizielle Gebrauch des finnisierten Namens Helsinki begann erst 1819. Seit 1917 ist Helsinki die Hauptstadt des unabhängigen Finnlands, die nördlichste Hauptstadt der EU und die drittgrößte Stadt der nordischen Länder und die größte Stadt Finnlands.

Helsinki ist eine der wenigen Hauptstädte, die gleich mit zwei Marathons bzw. Halbmarathons aufwarten. Zum einen findet im Frühjahr der Helsinki City Marathon statt und eben im August, zum Ende des Sommers, der BMW Helsinki Marathon. Da mittlerweile beide Läufe von BMW gesponsort werden, sorgte diese Tatsache im Vorfeld der Planung für ein wenig Grübelei. Da ich den BMW Helsinki Halbmarathon im August laufen wollte, mir aber eben auch einer im Juni angezeigt wurde, war ich mir nicht sicher, ob die tatsächlich zwei Läufe anbieten würden – aber dem war so und ich konnte beruhigt meine Reise buchen.

Helsinki ist eine sehr aufgeräumte statt, dies im wahrsten Sinne des Wortes. Ferner ist die Stadt sehr kompakt und verfügt über ein hervorragendes ÖPNV-Netz. Für kleines Geld kann man flexible Tageskarten für Bus, Bahn und Straßenbahn kaufen. Die Stadt ist fußläufig erwanderbar und bietet sich für ein Wochenende geradezu an.

Freitag stand dann erst einmal Sightseeing und die Abholung der Startunterlagen auf dem Programm. Ich ging in den Meripuisto-Park, direkt am Wasser gelegen und holte meine Startunterlagen ab. Dies ging recht schnell und war unkompliziert. Außer einer Startnummer gab es nichts weiter. An einem Stand wurden Zuckerdragees angeboten. Ich dachte erst, dass es diese kostenfrei gäbe, dem war aber nicht so. Da ich die Vorahnung hatte, dass es diese sicher auch im Laufe des Rennens geben würde, verzichtete ich auf einen Vorabkauf.

Am nächsten Morgen war es schön sonnig und ich entschied mich, die drei Kilometer vom Hostel zum Start des Halbmarathons als Einlaufstrecke zu nutzen. Mein Mitbewohner machte jedoch Druck und meinte, dass wir keine Zeit hätten und besser Bahn fahren sollten. OK, also fuhren wir vier Haltestellen Straßenbahn und liefen dann die verbleibenden eineinhalb Kilometer zum Start. Jetzt wusste ich auch, warum er es eilig hatte. Mit einer Pace von 7-8 min/km braucht man auch ein wenig länger.

Meinen Kleiderbeutel hatte ich nicht dabei, da ich den eigentlich nicht brauchte – dachte ich – nun gab es aber kostenlose Trinkflaschen eines namhaften Sportartikelherstellers, die ich nun nicht bunkern konnte. Das war schade, zumal die nun mal wirklich hochwertig waren. Aber sei es drum. Im Keller zu Hause liegen ganz viele davon rum – eben nur anders.

Ich schlenderte ein wenig durch die Parkanlage, die voll von Menschen war. Es gab viele Stände von Sportartikelherstellern und natürlich auch die Freiluftausstellung von BMW. Dann ging es zum Startbereich, der in einzelne Startblöcke, je nach der präferierten Laufzeit, unterteilt war. Ich ordnete mich im Bereich 1:41-1:55 Stunden ein, was für mich eine durchaus realistische Zielzeit war. Mittlerweile hatte sich die Sonne verzogen und der Himmel war irgendwie gelblich. Ein zumindest sehr komischen, trübes Licht. Mir war es recht, da es so noch ein wenig kühler wurde.

Punkt 8:30 Uhr erfolgte der Start der Elite, kurz danach wurden wir auf die Laufstrecke geschickt. Wir folgten der schmalen Straße zunächst immer entlang der Küstenlinie, die immer wieder einen Blick auf die Ostsee ermöglichte und den Stadtteil Kaivopuisto umrundete. Wir liefen vorbei am Olympia-Terminal, einem Fährterminal, das für die olympischen Spiele 1952 erbaut wurde und noch heute von der Silja-Line, der täglichen Stockholm-Fähre, benutzt wird. Nach gut zwei Kilometern hatte ich mich im Läuferfeld sortiert und wir erreichten die alte Markthalle Vanha Kauppahalli und damit auch den Innenstadthafen und den Kauppatori, den Marktplatz.

Von hier ging es über Straßenbahnschienen und Kopfsteinpflaster entlang der schwedischen Botschaft und dem Präsidentenpalast auf die Halbinsel Katajanokka. Schräg vor uns thronte die mächtige Uspenski-Kathedrale auf einem Granitberg und versprühte einen Hauch von russischer Atmosphäre. Dann war das Sightseeing zunächst einmal beendet, da es entlang des Fährterminals der Viking-Line, der Tallin-Fähre, auf unspektakulärer Wegführung um die Halbinsel herum ging. Nach rund viereinhalb Kilometern konnten wir einen kurzen Blick auf die Eisbrecher-Flotte werfen, die hier am Kai übersommerte. Insgesamt sechs Eisbrecher stellen im finnischen Gewässer die Erreichbarkeit der Häfen im Winter sicher.

Nach etwas mehr als 5 Kilometern verließen wir wieder die Halbinsel über eine schmale Fußgängerbrücke und liefen entlang der Pohjoisranta-Straße zum hier befindlichen Yacht-Hafen, dem Norra Kajen. Vor Kopf im Hafenbecken konnten wir noch einen schnellen Blick auf das Feuerlöschschiff Relandersgrund werfen. Das Schiff wurde in den Jahren 1886-1888 erbaut und dient heute einem Restaurant und ist insbesondere in den Abendstunden schön erleuchtet.

Was nun folgte war dann tatsächlich nicht mehr so schön. Unser Weg führte direkt in eine Großbaustelle. Ab Kilometer 6 ging es hinauf auf die neue 323 Meter lange Hakaniemen Silta-Brücke, die im Mai eröffnet wurde. Links daneben wurde die alte Brücke gerade abgerissen. Danach erreichten wir über die Brücke den Stadtteil Merihaaka. Ziemlich viel Beton, ziemlich viele Hochhäuser, ziemlich viel Gekurve statt gerades laufen, eben nicht gerade schön. Wikipedia charakterisiert diesen Bereich Helsinkis so auch wie folgt: „Merihaka wurde in den 1970er-Jahren an der Stelle eines abgerissenen Hafen- und Industriegeländes erbaut. Es besteht aus brutalistischen Plattenbauten, die sich von der weitgehend vom Jugendstil geprägten Architektur der angrenzenden Gebiete deutlich unterscheiden.“

Bei Kilometer 8 verließen wir wieder diesen Stadtteil und liefen auf der Kaisaniemen-Straße, einem schönen baumgesäumten Boulevard am Rande der gleichnamigen Bucht weiter. Hier befand sich auch eine Verpflegungsstation, die ich kurz nutzte, bevor es dann um den hier befindlichen Park herum in Richtung Bahngleise und die Unterführung am Hauptbahnhof von Helsinki ging. Gerade noch eine grüne Oase, waren wir nun in einem durchdesignten neuen Stadtteil von Helsinki angekommen.

Bis hier hin hatte ich immer eine Zeit so zwischen 4:55 und 5:05 min/km gelaufen. Das erste Nutzen der Verpflegungsstation führte dann aber zu einer kleinen Delle und ich kam ein wenig aus dem Takt. Der neunte Kilometer schlug dann mit 5:20 min/km zu Buche. Vermutlich nicht nur durch die Verpflegungsstelle, sondern auch aufgrund der steilen Bahnunterführung bedingt.

Wir umrundeten nun das spannende Ensemble teils neuer und alter, von finnischen Architekten entworfenen Gebäude, wie der Nationalbibliothek Oodi, der Musikhalle oder der Finlandia-Halle, in der 1975 Vertreter von 35 Staaten des West- und Ostblocks die Schlussakte der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) unterzeichneten. Hier war es flat und ich konnte noch einmal durchziehen, kam jedoch nur auf 5:04 min/km. Ab Kilometer 11 musste ich dann leider Zeit abgeben.

Nachdem wir 12 Kilometer auf der Uhr hatten, hatten wir auch den Norden und Osten Helsinkis erlaufen, und wir wechselten in die westlichen Stadtteile Helsinkis. Hier fanden wir durchweg moderne Architektur und Mietshäuser vor. Immer mal wieder liefen wir am Wasser entlang und es ergaben sich schöne Blicke auf die dortigen Häuser. Bei Kilometer 18 waren wir wieder im Hafengebiet und die letzten 3 Kilometer waren eigentlich nur noch dazu da, die 21 Kilometer voll zu machen.

Die Strecke führte auf die Hernesaari-Halbinsel, die in der Vergangenheit ausschließlich industriell genutzt wurde und nun brach lag. Zukünftig soll hier wohl eine nachhaltige urbane Nutzung erfolgen. Zurzeit ist es aber eher eine Schotterwüste mit einer einsamen Straße.  Die letzten 3 Kilometer boten somit nichts Besonderes mehr und ich konnte mich auf meine Zeit konzentrieren. Zwischendurch sah es so aus, als könne ich eine sub 1:50 Stunden realisieren. Aber gerade ab Kilometer 12 bis 20 hatte ich deutlich an Schnelligkeit eingebüßt. Die Zeiten lagen da zwischen 5:21 und 5:51 min/km.

Ich nutzte vermehrt die Verpflegungsstellen und dies kostete mich Zeit. Als ich die 20 Kilometer-Wegmarke sah, gab ich noch einmal Speed, was im Endeffekt aber nichts brachte. Mit einer Zeit von 1:52:08 Stunden überquerte ich die Ziellinie. In diesem Jahr meine beste Zeit. Von den 2.323 Finishern erreichte ich Gesamtplatz 629, was ja nun durchaus im vorderen Drittel und insofern nicht schlecht ist. Bei den Männern reichte es für Platz 506 (1.282) und in der Altersklasse M50 für Platz 53 (132).

Nach dem Zieleinlauf stand erst einmal „Shopping“ auf dem Programm. Es gab reichlich zu trinken und zu essen und man bekam so viel, dass man es kaum tragen konnte. Ein Beutel wäre schön gewesen und so suchte ich mir zunächst einmal ein Plätzchen, um den erhaltenen Ballast zu reduzieren. Dazu diente mir einer der Show-BMWs, an dessen Vorderfelge ich mich setzen und lehnen konnte. Von hier hatte ich einen schönen Blick auf die Segelboote, das Meer und die vorgelagerten Inseln. Mittlerweile war die Sonne auch wieder da, so dass es rundum eine entspannte Atmosphäre nach dem Lauf war.

Grundsätzlich bewertet – ja, der Ausflug nach Helsinki lohnt sich allemal, einfach weil die Stadt dermaßen viel zu bieten hat und dies auf sehr kompakten Raum. Insofern kann man in zwei Tagen eine Menge sehen. Wer sich im Vorfeld die Streckenführung anschaut, hat allerdings eine Erwartungshaltung, die leider momentan nicht erfüllt wird. Zum einen verläuft die Strecke nicht überwiegend am Wasser, wie man vielleicht meinen könnte. Im Weiteren ist ein Großteil der Strecke baustellenbelastet. Dies macht hohe Konzentration erforderlich, da sich ständig der Untergrund wechselt, man Schildern und Absperrungen ausweichen muss und auch das Gesamtbild, wie am Schluss auf der Hernesaari-Halbinsel, nicht gerade ansehnlich ist.

Der Lauf ist weitestgehend flat, allerdings fordern die Brücken oder sonstige Rampen ihren Tribut. Hier gibt es zum Teil recht deutliche Steigungen zu bewältigen. Auch muss man recht häufig die Richtung wechseln, was immer wieder mit engen Kurven, Abbiegungen, Bordsteinüberquerungen, etc. verbunden ist. Mal eben gelaufen ist dieser Halbmarathon somit nicht.

Organisiert ist der Lauf jedoch vorbildlich und es fehlt einem an nichts. Hier braucht man wirklich keine eigene Versorgung planen. Alle 4 Kilometer gibt es Erfrischungsstellen mit Wasser und isotonischen Getränken und an manchen Stellen, ja jetzt kommt wieder das Fruchtgummi vom Anfang zum Einsatz, eben auch der notwendige Zuckerschub. Im Ziel wird man darüber hinaus reichlich versorgt. Wer keine Hitze mag, der ist hier richtig. Es weht immer ein frischer Wind vom Meer, was das Laufen angenehm macht.

Wer sich informieren will, kann dies auf der Seite des Helsinki Marathons machen. Hier finden sich alle Informationen zum Ablauf und zu den angegebenen Strecken.

Und nun allzeit gute Läufe im Spätsommer.

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