11th International Thessaloniki Night Halfmarathon – Saisonabschluss im „Schatten Athens“ (21,1 km/HM)

Ob es sich wirklich um meinen Saisonabschluss gehandelt hat, bleibt mal dahingestellt, denn es stehen ja noch ein paar kleinere Läufe im Kalender. Sicher ist es aber der Abschluss meiner Halbmarathonserie in diesem Jahr gewesen. Letztes Ziel zum Sammeln meiner Länderpunkte war somit Thessaloniki, auch wenn es dort keinen Länderpunkt gab, da Athen mit seinem Halbmarathon im Jahr 2022 bereits diesen Punkt gebracht hatte.

Sei es drum – Thessaloniki war allemal eine Reise wert. Eine Stadt, immerhin die zweitgrößte in Griechenland, die gerne als im Schatten von Athen liegend beschrieben wird, aber so gar nicht im Schatten liegt. Kultur, Historie, Freundlichkeit und Lässigkeit und vor allem sehr gutes Wetter haben mich an diesem Wochenende eines Besseren belehrt.

Thessaloniki spiegelt ein anderes Griechenland wider, ein balkanisch-römisch-byzantinisches Griechenland, das sich sehr vom typischen Griechenlandbild mit seinen Tempeln, weißen Dörfern und blauen Kuppeln unterscheidet. Der Einfluss des osmanischen Reiches aber auch des Balkans, ist überall sichtbar, spürbar und auch schmeckbar. Und hier fand er statt, der 11th International Thessaloniki Night Halfmarathon, zu dem ich mich angemeldet hatte.

Donnerstagnacht, und es war wirklich Nacht, als ich im Hotel Ilisia in Thessaloniki ankam, startete mein Kultur-Laufwochenende. Das Hotel war sehr sauber, aber ebenso spartanisch war das Zimmer eingerichtet. Das machte mir aber nichts aus, da ich eh immer unterwegs sein würde und nicht beabsichtigte, meine Tage im Hotelzimmer zu verbringen.

Freitagfrüh schaute ich von der Dachterrasse des Hotels in den Morgenhimmel. Milchig nebelig war es, aber der Wetterbericht sah top aus. Also ging ich erst einmal los in Richtung Messegelände, wo es die Startunterlagen für den Lauf geben sollte. Ich merkte schnell, dass es zwar kühl, aber dennoch irgendwie extrem schwül war. Ich hatte außer meiner Laufhose keine kurze Hose dabei. Nachdem ich meine Startunterlagen in Empfang genommen hatte, war die Sonne rausgekommen und ich stellte fest, dass ich dringend an meiner Kleidung arbeiten musste. Es war unerträglich in der Jeanshose. Bei einem schwedischen Modegeschäft ergatterte ich die letzte verfügbare Laufhose – ja es gab ansonsten nirgends mehr kurze Hosen, da den Griechen um diese Jahreszeit scheinbar eher kalt ist und bereits der Wintermantel herausgeholt wird.

Und nach einmal duschen war die Welt wieder in Ordnung und Freitag und Samstagvormittag widmete ich mich der Erkundung der Stadt. Erst die Untere Altstadt, das Hafenviertel Ladadika und die neue Uferpromenade, dann die Obere Altstadt (Ano Poli) und alles das, was ich am Vortag noch nicht besucht hatte. Ab Samstag, frühen Nachmittag, war dann Vorbereitung auf den Lauf und ausruhen angesagt.

Gegen 18 Uhr machte ich mich auf den Weg zur Leoforos Nikis, dem Küstenboulevard in Thessaloniki. Hier, in Höhe des Platia Eleftherias, war der Start des Halbmarathons vorgesehen. Erste Amtshandlung, wie auch schon in Sarajevo, die Taschenabgabe suchen. Es war leider nichts ausgeschildert und auch hier half mir der Google Translator weiter. Nach ein paar Fragerunden durch die zahlreichen Helfer, die aber alle kein Englisch konnten, fand ich drei Bullis hinter dem Platz Eleftherias. Hier traf ich einen netten Griechen, der lange in Stuttgart gelebt hatte und ein wenig Deutsch konnte. Er nahm mir meine Tasche ab und damit war ich „ready for take off“.

Nun ging dann doch alles recht schnell und ich hatte noch rund 45 Minuten Zeit bis zum Start. Also schlenderte ich ein wenig herum, schaute dem Start des 10 Kilometer-Laufes zu und verabschiedete mich in ein Kaffee, um die Toilette zu nutzen. Meine Einlaufrunden absolvierte ich auf dem Platz Eleftherias, der heute ein Parkplatz ist.

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Dann begab ich mich in die Startaufstellung und wartete auf den Start. Pünktlich um 19:35 Uhr erfolgte dieser, nach dem die ersten Startwellen, also die richtig schnellen Läufer, bereits unterwegs waren. Für zunächst einen Kilometer ging es den Küstenboulevard Leoforos Nikis entlang. Hier saßen die Menschen in den Cafés und Restaurants und schauten dem laufenden Treiben zu. Die Straßen waren schön beleuchtet und auch die prächtigen Fassaden der Häuser lieferten eine sehr schöne Kulisse.

Rund 300 Meter nach dem Start erreichten wir die Platia Aristotelous, einer der wichtigsten und imposantesten Plätze in Thessaloniki. Der halbkreisförmig umbaute Platz wurde nach dem Großbrand von 1917 nach Plänen von Ernest Hébrard angelegt. Der Platz ist von sechsstöckigen Hotel- und Geschäftsbauten mit von Rundbögen gesäumten Arkaden und Balkons umgeben und bildet das urbane Zentrum der innerstädtischen Einkaufszone. Zahlreiche Cafés und Restaurants befinden sich hier und der Platz dient häufig politischen Kundgebungen oder zur Austragung von Konzerten.

Weiter ging es entlang des Platzes und der Küstenpromenade bis wir das eigentliche Wahrzeichen Thessalonikis, den Weißen Turm, erreichten. Der Turm war einst Bestandteil der früheren Stadtbefestigung und wurde erstmals 1185 erwähnt.

Höhenprofil

Weiter ging es ab dem sich majestätisch und modern über der Strandpromenade erhebenden Hotel Makedonia Palace, für die kommenden 3 Kilometer, über die vierspurige Leoforos Alexandrou. Diese verfügte zwar über einen gut zu laufenden Untergrund, hatte aber ansonsten nicht viel zu bieten. Rechts lagen die Parkanlagen und das Meer, links die feinen Wohnkomplexe mit vermutlichen schönen Ausblicken auf die Küste. Hier verteilte sich das Läuferfeld sehr gut und man konnte ein paar schnelle Sprints zum Überholen einlegen.

In der Nachschau betrachtet hätte man den Lauf auch direkt auf die Strandpromenade legen können. Immerhin wurde diese nagelneu hergerichtet, ist sehr breit, verfügt sogar über Spuren für Fahrradfahrer und E-Scooter-Nutzer und bietet einen schönen Blick aufs Meer. Aber gut, so ging es nun bis zum Wendepunkt weiter. Hier, an einer Weggabelung, drehten wir um und liefen die gesamte Strecke zurück bis zum Weißen Turm.

Kurz nach dem Wendepunkt gab es zunächst die erste Verpflegungsstation, die ich auch nutzte. Ich hatte zwar keinen großen Durst, aber es war noch immer sehr schwül und ich nutzte das Wasser, um mich ein wenig frisch zu machen.

Am Weißen Turm, in Höhe des Archäologischen Museums, ging es nun hinter dem Turm entlang und wir bogen in die parallel zur Leoforos Nikis verlaufenden Straße Tsimiski, eine Einkaufsstraße, ein. Dieser folgten wir für rund zweieinhalb Kilometer, bis Tsimiski und Leoforos Nikis wieder zusammenliefen. Hier wendeten wir erneut und liefen über die Karatasou bis zum Fährhafen von Thessaloniki zurück, wo die Straße in die Küstenpromenade führen sollte. Nun wiederholte sich die 10 Kilometer lange Strecke ein weiteres Mal.

Die ersten 10 Kilometer konnte ich in einer Zeit von 54:07 Minuten abschließen. Diese Zeit auf den Halbmarathon hochgerechnet würde eine Schlusszeit von 1:48:14 Stunden ergeben, was super wäre, aber aus meiner Sicht derzeit illusorisch. Zunächst einmal lief ich meinen Turn weiter, merkte aber auf der zweiten Runde relativ schnell, dass eine Pace von unter 5 min/km bis max. 5:20 min/km nicht mehr zu halten sein würde.

Ich war körperlich gut beieinander und fühlte mich auch fit, dennoch funktionierte die Übertragung in Schnelligkeit nicht so richtig. Die zweite Runde wurde deswegen dann auch deutlich anstrengender. Zudem war es immer noch sehr schwül. Das hatte sich nach dem Sonnenuntergang auch nicht wesentlich verändert und so musste ich bei den Verpflegungsstationen, die alle zweieinhalb Kilometer standen, immer viel trinken.

Die Stimmung an der Strecke war nach wie vor super und die Stadt war voll. Überall standen die Leute an der Straße oder saßen in den Restaurants und schauten dem Lauf zu. In Höhe des Weißen Turms musste der Verkehr ausgebremst werden, da wir hier über eine Kreuzung liefen, an der fünf Straßen zusammenliefen. Aber auch das lief problemlos und es gab keine Reibereien – zumindest nicht, als ich da langlief.

Bei Kilometer 17 erreichte ich wieder die Tsimiski und nun ging es langsam dem Ziel entgegen. Zweieinhalb Kilometer, noch einmal durchziehen und Richtung Wendepunkt in Höhe des Fährhafens laufen. Da wir parallel zur Leoforos Nikis, der Küstenpromenade liefen, konnte ich durch die schachbrettartigen Stichstraßen immer mal wieder Richtung Wasser schauen und sah die Läuferinnen und Läufer, die nun schon auf der „Zielgerade“ waren.

Der Wendepunkt kam in Sicht und die Kurve wurde nochmal deutlich enger gelaufen. Nun waren es noch eineinhalb Kilometer bis ins Ziel. Ein letztes Mal Küstenpromenade und die  angestrahlten Stadthäuser genießen – mal ehrlich – nein. Es war jetzt ein Kampf und ich merkte beim Blick auf die Uhr die totale Ernüchterung. Ich näherte mich der 1:55 Stunden, hatte noch einen Kilometer zu laufen und war nicht mehr allzu fit.

Das Minimalziel, unter 2 Stunden zu bleiben, wollte ich aber auf jeden Fall erreichen. Also biss ich mich durch, legte noch eine Schippe drauf und konnte ein paar Reserven mobilisieren. Immer gut, wenn man sich an irgendjemanden hinten dranhängen kann, was ich jetzt machte. Von irgendwoher kam jemand, der ziemlich fix unterwegs war. Diesen Schwung nutzte ich und so ließ ich mich bis ins Ziel „ziehen“.

Wir passierten erneut den Weißen Turm, bogen nach rechts ab und da lag das Ziel vor mir. Nach 1:59:28 Stunden erreichte ich den Zielbogen. Mit dieser Zeit, die mich schon überraschte und nicht sonderlich zufriedenstellte, erreichte ich unter den 2.555 Teilnehmern des Halbmarathons Gesamtplatz 1.227, in der Altersklasse erreichte ich Platz 196 (438) und in der Wertung der Männer Platz 1.070 (2.069).

Nun stellte ich auch fest, dass ich klitschnass war. Irgendwie kam ich mir vor, als sei ich in den Tropen. Dennoch war die Luft nun kühl – oder wirkte zumindest so. Ich besorgte mir zunächst einmal ein paar Getränke und etwas zu essen. Dann setzte ich mich auf die breite Straße und genoss die Entspannung.

Ich sah viele Läufer mit Ihren Taschen und da fiel mir ein, dass ich meine Sachen ja auch noch abholen musste. Aber wo? Das war dann die Schlussfrage, die ich zum gleichen Thema ja bereits zu Beginn des Laufs hatte. Ich fragte mich durch und erfuhr, dass in Höhe der Reiterstatue Alexander des Großen die Taschen abgelegt seien. Hier fand ich sie dann auch, sehr fein nach Nummern sortiert, wurden diese ausgegeben. Gut und ordentlich umgesetzt – nur wissen müsste man es.

Dann ging ich wieder zurück in den Zielbereich und schlenderte noch ein wenig herum, zog mir ein neues Hemd an und machte mich langsam auf den Weg zurück ins Hotel. Mittlerweile hatten die Walker die Laufstrecke erobert.

Der International Thessaloniki Night Halbmarathon ist auf jeden Fall eine Reise wert. Bei guter Planung hat man ausreichend Zeit, Thessaloniki, die zweitgrößte Stadt Griechenlands, zu Fuß zu erkunden. Alles liegt sehr nah beieinander, die einzelnen Spots sind gut und schnell zu erreichen, so dass man auch Gewissheit haben kann, die maßgeblichen Sehenswürdigkeiten gesehen zu haben.

Der Night Run bietet neben dem Halbmarathon auch noch einen 10 km-Lauf und einen 5 km-Lauf. Für die kleinsten gibt es die Family Mile, die über 1,609 km läuft. Entgegen den Ankündigungen gab es im Startbereich keine Toiletten. Dies könnte man zukünftig besser machen, da Toiletten vor dem Rennen aus meiner Sicht zwingend benötigt werden. Auch die Ausschilderung des Gepäcktransports könnte klarer erfolgen. Nichtsdestotrotz war es ein tolles Erlebnis Thessaloniki by night zu erleben und die Versorgung war wirklich vorbildlich.

Am Sonntag stand dann noch ausruhen auf dem Programm, bevor es am Nachmittag wieder zurück nach Deutschland ging.

Was meine Halbmarathons angeht, ist für dieses Jahr erst einmal Schluss. Im neuen Jahr beginne ich dann die HM-Saison mit dem 23. Split Halbmarathon in Kroatien. Nun stehen noch ein paar kleinere 10er und 5er auf dem Programm und dann mal sehen, was der Laufkalender zu Beginn des Jahres zu bieten haben wird.

Euch allzeit gute Läufe!

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