Rjukan ist sicherlich nicht die bekannteste Destination in Norwegen. Dennoch wartet dieser Ort mit verschiedensten Besonderheiten auf. Eine davon sind die drei riesigen Spiegel oben auf dem Berg.
Rjukan liegt im engen Vestfjord-Tal, das im Norden von den südlichen Ausläufern der Hardangervidda und im Süden von einem der bekanntesten Berge Norwegens begrenzt wird, dem Gaustatoppen (1883 m Höhe).
Die Enge des Ost-West-Tals ist der Grund dafür, dass das Licht der tiefstehenden Sonne im Winterhalbjahr, also von Oktober bis März, den Ort am Talboden nicht mehr erreicht. 2013 wurden drei je 17 m² große Spiegel errichtet, die in dieser Zeit Sonnenlicht auf 600 m² Fläche des Marktplatzes spiegeln.
Zum Zeitpunkt unseres Besuchs, war es auch eher nicht sonnig – dies lag aber mehr an den reichlich vorhandenen Regenwolken. Da alle offiziellen Parkplätze für Wohnmobile belegt waren, wichen wir auf einen Geheimtipp aus, den Schotterparkplatz der Krossobahnen, einer Seilbahn, etwas oberhalb von Rjukan’s Innenstadt.
Hier hatte ich mir für den nächsten Morgen einen knackigen, man nennt derartige Läufe heute vertical hill run, ausgesucht, der mich rund 440 Höhenmeter auf gerade einmal 4 Kilometern Wegstrecke nach oben zur Bergstation der Seilbahn bringen sollte.
Auch am Morgen hingen die Wolken noch dick in den Bergflanken und Bäumen. Es regnete reichlich, aber für einen kurzen Lauf, diesmal mit Regenjacke, durchaus vertretbar. Also startete ich am Fuße der Seilbahnstation der Krossobahnen und bog direkt auf einen Schotterpfad ab. Dieser mündete dann in einen Wirtschaftsweg, der ebenfalls aus Schotter bestand und richtig steil in Serpentinen nach oben ging.
An jeder Kurve standen Zahlen. Erst dachte ich mir nichts dabei, als diese aber eine gewisse Folge aufwiesen, nämlich immer um eins wuchsen, vermutete ich, dass es sich um die Anzahl der Kurven bis nach oben handelte. Zuerst hatte ich ja noch ein wenig Speed drauf, im weiteren Verlauf bremste ich mich jedoch herunter und versuchte ein gleichmäßiges Tempo zu laufen.
Die Wolken waberten weiter durch die Tannen und es wurde immer dichter. Nun bekam ich auch den Regen mit ab. Jeden Kilometer schaffte ich 100 Höhenmeter. Dann, nach 19 Kurven, so viele waren es schlussendlich, hörten die Tannen plötzlich auf und ich musste ein Stück über ein frei liegendes Plateau bis hin zur Bergstation der Seilbahn laufen.
Hier war so früh am Morgen rein gar nichts los. Aber die Station war geöffnet. Ich schaute mir im Treppenhaus, dem Aufgang zur Gondel, meine Klamotten an, richtete alles und zog noch mal meine Schuhe fester an. Dann gab es nebenan ein kleines Häuschen, welches eine Art Schutzhütte war. Hier ging ich hin. Auch hier war die Türe offen und im Inneren fand sich ein heimelig eingerichtetes Wohnzimmer im 70er-Jahre-Stil mit einem Esstisch und einem Sofa. Sogar Zeitungen neueren Datums waren vorhanden.
Durch die mit Spitzengardinen gesäumten Fenster hatte ich einen schönen Blick hinunter ins Tal. Nun musste ich mal wieder los. Immerhin wartete unten im Tal ein schönes Frühstück.
Glücklich, dass ich es bis hier hoch geschafft und vor allem bei dem Wetter den inneren Schweinehund überwunden hatte, ging es nun mit reichlich Speed wieder runter. Der Abstieg war dann auch in 20 Minuten erledigt, wobei ich für den Aufstieg knapp 38 Minuten gebraucht hatte.
In der Nachschau konnte ich feststellen, dass meine Pace im Anstieg zwischen 6 und 10 min/km lag. Im Downhill fand ich mich dann zwischen 3 und 6 min/km wieder. Auch die Herzfrequenz war bei diesem Lauf interessant. Durch die viele Traillauferei in Norwegen hatte ich mich scheinbar an die Belastung gewöhnt. Die durchschnittliche Herzfrequenz lag gerade einmal bei 163 bpm.
Luftlinie gemessen, waren zwar nur rund 400 Höhenmeter zu erklimmen, schlussendlich waren es aber 662 Höhenmeter, die rauf und runter zu absolvieren waren. Auch eine spannende Erkenntnis. Niemals nur messen „wo stehe ich und wo will ich hin“. Auch der Weg nach oben läuft nun mal nicht immer nur hoch, sondern zwischendurch auch mal wieder runter und dann wieder hoch. So kommen durchaus noch die einen oder anderen Meter zusammen, die erlaufen werden wollen.
Mit diesem Laufbericht schließe ich meine Norwegian Trailrun-Serie ab. Vielleicht kommt Ihr ja auch mal in diese Regionen und lauft einfach mal was nach. Wenn Ihr die Touren bereits kennt, freue ich mich über Eure Kommentare, wie Ihr die Routen empfunden habt.
Der nächste Sommer kommt bestimmt, dann gibt es wieder eine neue Serie. Diesmal dann aus dem Baltikum.
Allzeit gute Läufe!