19. Turkyie Ish Bankasi Istanbul Halbmarathon – Die Wasserschlacht am Bosporus (21,1, km/HM)

Istanbul, eine Stadt, die so viel zu bieten hat und gleichzeitig die Erwartungskurve mächtig ansteigen lässt. Scheitelpunkt zwischen Europa und Asien. Wasserwege, die da heißen Bosporus, Goldenes Horn oder das Marmarameer. Historie und Kultur im Überfluss. Und – einen Halbmarathon. War doch klar, dass ich den irgendwann auch mal laufen muss. Und nun war es so weit.

Donnerstags lande ich auf dem neuen Istanbuler Flughafen, der, als Hub für Turkish Airlines, an sich schon ein Statement ist. Hier werden Entfernungen nicht in einzelnen Metern, nein in 500 Meter-Abschnitten, markiert. Insofern war der Weg vom Gate zur Metro auch direkt die erste Wanderung. Glücklicherweise konnte ich Rollwege nutzen und kam so schneller voran. Dennoch benötigte ich rund 40 Minuten, bis ich auf dem klimatisierten Bahnsteig stand.

Mit der neuen Metro M11 sollte es also in die City gehen. Die Startnummern konnte man in einer Einkaufsmall, etwas außerhalb der Innenstadt, abholen. Ich hatte Glück und die Mall lag mit einmal umsteigen relativ direkt an meinem Weg zum Hotel. Also nutzte ich den frühen Tag und holte direkt meine Startnummer in der Mall ab. Das ging problemlos. Etwas irritierend waren für mich die erheblichen Sicherheitsvorkehrungen. Jeder Eingang verfügte über Körperscanner und auch mitgeführte Taschen wurden durchleuchtet.

Die Ausgabe der Startnummer war jedoch unspektakulär. Ausweiskontrolle, dann gab es einen sehr stabil wirkenden Beutel mit allerlei Essen, Trinken und Werbung und einen Schalter weiter gab es dann noch ein sehr schönes Laufshirt. Alles eingesackt, bei Decathlon noch eben eine kurze Hose gekauft, die ich wieder einmal – lest dazu meinen Bericht vom 11. Thessaloniki Night Halbmarathon – nicht dabeihatte und zurück ging es zur Metro und weiter ins Hotel.

Das Grand Peninsula Hotel, lag direkt hinter der Hagia Sophia, eine ehemals byzantinische Kirche, die bereits 532 bis 537 n. Chr. erbaut wurde und seit 2020 als Moschee genutzt wird. Ich konnte mein Zimmer beziehen und wollte erst einmal duschen. Wasserrohrbruch. Irgendwo im Viertel. 30 Minuten später lief es dann wieder. Den Donnerstagnachmittag und die folgenden zwei Tage nutzte ich zum ausgiebigen Stadterkunden und sehr ausgiebigen Bootsfahrten.

Kleiner Tipp – wenn Ihr in Istanbul seid – holt Euch die Istanbul Card. Damit fahrt Ihr überall kostenlos. Sei es Metro, U-Bahn, Busse, Straßenbahnen oder die Fähren. Insbesondere mit den Fähren könnt Ihr für unter einen Euro herrliche Kreuzfahrten auf dem Bosporus, dem Goldenen Horn und dem Marmarameer veranstalten.

Sonntagfrüh. Ich schaue aus dem Fenster. Grau. Ist das der Morgenschleier vor meinen Augen? Ich könnte denken, dass es so ist, denn die letzten drei Tage waren traumhaft. Sonne pur, aber aufflauender Wind. Hat der jetzt Wolken gebracht? Sei es drum. Aufstehen, anziehen, eine Banane und ein Müsliriegel reichen mir vor einem Halbmarathon. Ich schaue wann die U-Bahn fährt. 7:30 Uhr – schaffe ich. Meine Istanbul Card ist abgelaufen. Das war so geplant, da ich mit meiner Startnummer alles kostenlos am Tag des Laufes nutzen kann.

Das dachte ich. Der freundliche, aber bestimmt wirkende Wärter verwehrt mir den Zugang zum Bahnsteig. „Marmara-Line nicht“ sagt er. Ok – davon hatte ich gelesen, aber dass gerade diese U-Bahn, die U3, die irgendwie gar nicht U-Bahn ist, da sie gemütlich durch die Wohngebiete zuckelt, die Marmara-Line ist, das wusste ich nicht.

Ich hatte genug Zeit, also lief ich die rund 4 Kilometer von meinem Haltepunkt Cankurtaran zum übernächsten Haltepunkt Yenikapi eben zu Fuß. Das war auch simpel, da genau neben den Gleisen der nagelneu verlegte Fuß- und Radweg entlangführte.

In Yenikapi gab es ein riesiges Veranstaltungsgelände mit allem, was man so für die Vorbereitung braucht. In Zelten konnte man sich umziehen und seine Utensilien abgeben, es gab zu trinken und zu essen, reichlich Toiletten, eine große Bühne mit Musik und einem Warm-Up und je nach Startnummern, die vorsortierten Startboxen. Und – es gab Regen!

Pünktlich, 20 Minuten vor dem Start, fing es dann an zu schütten. Nein, nicht ein bisschen Regen, es schüttete. Unter den Bäumen war kein Platz mehr zu bekommen, die Zelte waren voll, manche hatten sich unter die überall auf dem Boden rumliegenden Kissen verkrochen. So what – ich ging in meine Startbox, wärmte mich auf und checkte das Wetterradar. Keine guten Aussichten. Dann mussten wir aber auch schon Richtung Start aufbrechen, der sich auf der vierspurigen Kennedy Caddesi befand.

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Es wurde ein wenig besser mit dem Regen, aber nicht wirklich dauerhaft. Ich fand meinen Pacemaker. 1:50 Std. sollten es sein. Mal sehen, ob das diesmal funktionieren würde. Noch ein paar Fotos geschossen und dann ging es auch schon los. Ziemlich pünktlich um kurz nach 9:00 Uhr, die Elite war schon weg, konnten wir auf die Piste.

Ich befand mich direkt hinter dem Pacemaker, der jedoch mit seinem grünen Ballon, auf dem die Zeit stand, zu kämpfen hatte. Das erübrigte sich aber recht schnell und der Ballon war weg. Das hatte ich schon in anderen Laufberichten gelesen, dass dies wohl häufiger vorkommt. Aber, das Lauffeld war ja entsprechend groß, so dass der Ballon nicht weit kam und wieder nach vorne durchgereicht wurde. Von Dauer war es dennoch nicht.

Der Pacer lief allerdings auch nicht die für 1:50 Std. benötigte Durchschnittszeit, so dass ich mich erst einmal absetzte und meinen Tritt weiterlief. Die Strecke, die nun folgte, war denkbar einfach. Immer am Meer entlang, dann entlang des Goldenen Horns, einen Abstecher auf die Galata Brücke, weiter entlang des Goldenen Horns und dann irgendwann drehen und zurück. Verlaufen konnte man sich also nicht. So liefen wir zunächst auf der sehr breiten Kennedy Caddesi, entlang des zunächst nicht zu sehenden Marmarameeres Richtung Istanbul.

Als wir den Stadtteil Yenikapi hinter uns gelassen hatten, wurde die Straße zweispurig und wir hatten einen schönen Blick auf das Meer. Wasser hatten wir aber auch selbst genug auf der Straße. In Höhe des Stadtteils Cankurtaren erreichten wir nach knapp 4 Kilometern den Ahirkapi Leuchtturm, den ich am Vortag bereits fotografieren wollte, aber freundlich und bestimmt von Sicherheitskräften daran gehindert wurde, da sich links daneben eine Polizeikaserne befand. Nun gut, dann eben jetzt von der Straße aus, was ohnehin ein besseres Bild abgab.

Nach rund viereinhalb Kilometern ging es ein wenig bergauf. Wir liefen zwischen den beiden Parks Gülhane links und Sarayburnu rechts hindurch. Hier hatten wir die Landspitze erreicht, wo das Goldene Horn in das Marmarameer mündet.

Leistung

Nun ging es weiter Richtung Eminönü. Eminönü ist ein betriebsames Hafenviertel mit den zahlreichen Anlegern der Passagierfähren, rüber nach Asien oder in die anderen Stadtteile von Istanbul. Hier findet sich auch der Ägyptische Basar, auch als Gewürzbasar bekannt, man findet Stände mit Früchten, Tee und Gewürzen, während der benachbarte Große Basar eine bunte Mischung aus Teppichen, Stoffen, Lampen und Schmuck bietet. Das Viertel wird von der Süleymaniye-Moschee überragt.

Genau hinter den Fähranlegern bogen wir nun nach rund 6 gelaufenen Kilometern auf die Galatabrücke ab. Die Brücke überquert das ins Marmarameer mündende Goldene Horn an der europäischen Seite des Bosporus zwischen den Istanbuler Vierteln Eminönü und Karaköy. Am Ende der Brücke drehten wir direkt um und liefen auf der Brücke zurück Von der Brücke aus hatten wir einen schönen Blick auf den Galataturm und auf dem Rückweg hinüber zur Süleymaniye-Moschee und der Rüstem Pasha-Moschee. Die Uferstraße erreicht bogen wir nun nach rechts ab und liefen auf der breiten Straße weiter.

Kilometer 7 war erreicht und es war am Regnen ohne Unterlass. Überraschenderweise hatte ich nicht das Gefühl, dass meine Füße nass waren. Offensichtlich wurde das Wasser gut abgeleitet. Aber der Blick auf die Uhr sagte mir, dass eben noch 14 Kilometer zu laufen waren. Und richtig Lust hatte ich eigentlich nicht mehr. Aber aufgeben, nur wegen Regen, das war keine Option. Also ging es stetig weiter. Dann kam eine Wassersstation. Das war schon ein wenig Paradox, da es dort auch Schwämme gab. Aber Wasser hatten wir ja eh schon genug. Zur Sicherheit bunkerte ich aber einen Schwamm an meinem Oberschenkel. Ich war in der kritischen Zone, kurz vor Kilometer 10, da zieht es mal ganz gerne. Aber diesmal blieb alles ruhig und ich konnte gut weiterlaufen.

Groß was zu sehen, gab es jetzt auch nicht mehr und ich ergab mich meinem Läuferschicksal, suchte jemanden, der eine vertretbare Geschwindigkeit lief, hing mich hinten dran und zählte die Regentropfen, die mich trafen. In Höhe des Balat Parks erreichten wir Kilometer 10. Jetzt war es nicht mehr weit und wir konnten endlich umdrehen. Das spornte mich wieder an. Weglaufen ist immer schwieriger, als dem Ziel entgegenlaufen und die Kilometer schmelzen zu lassen. Dann kam die Wendung und es ging auf der anderen Straßenseite zurück Richtung Galatabrücke.

Dann näherten wir uns wieder dem Stadtteil Eminönü. Rechts lag die Rüstem-Pasha-Moschee ziemlich direkt an der Straße, links folgte die Galatabrücke mit dem Blick hinüber zum Galataturm und dem Stadtteil Karaköy. Die Straße war eine einzige Badewanne. Das Wasser floss nicht mehr ab. Offensichtlich waren die Straßen für so viel Wasser nicht ausgelegt. Pfützenhüpfen machte auch keinen Sinn mehr. Schaffte man eine Pfütze, landete man zwangsläufig in einer noch tieferen und volleren Pfütze. Also einfach durch, es waren ja nun nur noch rund 6 Kilometer.

Es ging wieder bergauf, zwischen den beiden Parks hindurch. Und diesmal konnten wir auch viel besser auf das Wasser schauen. Hellblau strahlte und das Goldene Horn und das Marmarameer an. Dann ging es auf der Kennedy Caddesi wieder zurück Richtung Yenikapi und das Veranstaltungsgelände, auf dem auch der Zieleinlauf war. Die rechts gelegene sehr schöne Mauer war Teil der Ruine der alten Philantropos-Kirche, einer byzantinischen Großkirche, die sich einst bis an das Marmarameer erstreckte. Dies fand ich aber erst später durch Recherche heraus. Es folgte der Leuchtturm und dann wurde die Straße wieder unspektakulär und vierspurig je Richtung. Wir hatten Yenikapi erreicht.

Bis zum Ziel sollte es sich aber dennoch etwas strecken. Kilometer 19 war erreicht. Es folgte eine Unterquerung, in der sich eine mobile Disco postiert hatte. Der Sound war ohrenbetäubend, also mussten wir zügig anlaufen. Die letzten Meter ging es nun wieder aus der Unterquerung hinauf. Zwar nur ein kurzes Stück, aber die Energie war einfach weg. Kurze Schrittpause, dann wieder laufen, wieder Schritt und wieder laufen. Das kostete Zeit. Bei Kilometer 21 folgte noch einmal eine Wende und das Ziel lag hundert Meter entfernt vor mir. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit.

Noch einmal alles geben, durchziehen und es war geschafft. 1:57:15 Stunden zeigte die Uhr, exakt das, was später auch das offizielle Ergebnis war. Mit dieser Zeit reichte es von den 4.873 Finishern Gesamtplatz 2.033. In der Altersklasse reichte es für Platz 187 (421), in der Wertung der Männer für Platz 1.759 (3.756) und jetzt ganz neu – unter den 46 deutschen Teilnehmern erzielte ich Platz 18. Insofern ein schönes Ergebnis im guten Mittelfeld des Laufs.

1:50 Std. wollte ich zwar eigentlich schaffen, aber bei den Bedingungen saß das diesmal einfach nicht drin. Die Straßen waren durch den Regen teilweise auch sehr glatt. Da musste man eben ein wenig Tempo rausnehmen und die Füße vorsichtiger setzen.

Nach dem Lauf war es ziemlich windig und kalt. Das war es sicherlich die ganze Zeit schon, nur merkte man es jetzt erst so richtig. Ich zog alles an, was ich hatte und was vor allem trocken war. Das war jedoch nicht viel, da ich nicht mit Regen gerechnet hatte. So beschloss ich die Metro zurückzunehmen. Hierfür konnte ich meine Startnummer nutzen. Weit kam ich jedoch nicht. Ich musste sowieso in die Straßenbahn umsteigen, die jedoch nur eine Haltestelle weiterfuhr. Dann war Feierabend, da die Strecke gesperrt war.

Es fand offensichtlich die Presidential Cycling Tour of Turkey statt, die Teil der UCI Europe Tour ist. Das Ziel lag zwischen Hagia Sophia und Sultanahmet-Moschee, wo ich genau durchmusste. Mein Hotel erreichte ich dann aber dennoch, konnte mich sogar noch frisch machen und umziehen und dann Richtung Flughafen aufbrechen.

Den Halbmarathon kann ich nur wärmstens empfehlen. Insbesondere bei schönem Wetter ist die Strecke ein Traum. Immer am Wasser gelegen, herrliche Ausblicke auf das Wasser aber auch auf die Sehenswürdigkeiten Istanbuls, die in der Nähe oder direkt an der Strecke liegen.

Die Rennstrecke „Historische Halbinsel“ ist Heimat von 8.000 Jahren Geschichte. Die Strecke hält mit dem Frauen-Halbmarathon-Weltrekord im Jahr 2021 den ersten Leichtathletik-Rekord der Türkei und belegt in der Straßenlauf-Rangliste den ersten Platz. Somit bietet der Lauf Sportlern auch die Möglichkeit, ihre Bestzeiten zu erreichen!

Informationen findet Ihr auf der Website von „Istanbul Yari Maratonu“. Euch allzeit gute Läufe!

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